Minjung Kim, 1962 in Gwangju in Südkorea geboren, ist eine der außergewöhnlichsten Künstlerinnen unserer Zeit. Schon in ihrer frühen Kindheit wurde sie bei einem Meister der traditionellen asiatischen Zeichnung und Malerei ausgebildet. Später, im Alter zwischen 13 und 29 Jahren, wandte sie sich auch der Ausbildung und Beherrschung ihrer erworbenen Fähigkeiten im Bereich der Kalligraphie zu. Auf diese Weise und durch die tägliche Übung fokussierter Konzentration, mit der kalligrafische Praktiken untrennbar verbunden sind, erlangte sie ein hohes Maß an Beherrschung und das Wissen um die filigrane Beziehung zwischen Tinte und Papier. Mit dem Wissen, wie sich die Tusche auf dem Papier verhält und in welche Richtung der Ausdruck eines bestimmten Pinselstrichs führt, konnte Minjung Kim die jahrtausendealte Maltechnik von klein auf erobern und zu einem bravourösen Rüstzeug ihrer Kunst, einer Kunst unserer Gegenwart, machen.

Ihr Interesse an der europäischen Renaissance, das sich während ihres Studiums an der Hongik-Universität in Seoul entwickelte, verließ Minjung Kim zusehends den eng gesteckten Motivrahmen der klassischen asiatischen Kunst, wie wir sie sehen und verstehen. Sie fand neue Themen in den konzeptionellen Ideen der westlichen Kunst und ihrer Verwendung von Minimalformen und betrat damit Neuland. Es zog sie in das Ursprungsland der Renaissance, nach Italien, wo sie 1991 ein weiteres Studium an der Kunstakademie in Brera abschloss und weiter einen künstlerischen Duktus entwickelte, in dem sie traditionelle Techniken des Ostens mit den offenen Formen des Westens verband und so lebendige Qualitäten einer besonderen Verbindung hervorbrachte.