KATHARINA HOHMANN
ACCESS
curated by Elke Giffeler
Die Ausstellung ACCESS ist zweigeteilt. Sie zeigt im vorderen Raum des CUBE die skulpturale Gruppe „Räuberleitern“ aus dem Jahr 2014 und eine Serie von Aquarellen mit dem Titel „Control“ von 2011/12 im hinteren Kabinett.
Die Leiterskulpturen sind aus unterschiedlich großen und verschieden farbig lackierten Elementen zusammengesteckt. Sie lehnen über dem (Schau-)Fenster, an der Wand, strecken sich (bis zur vollen Raumhöhe) empor, und dehnen sich am unteren Ende teilweise auf den Boden aus. Sie sind mit Ringen geschmückt, die durch die Sprossen seitlich herabhängen. Die - bis auf wenige Ausnahmen - kreisrunden Ringe bilden einen formalen Bezug zu den geometrischen Formen der Rechtecke (Sprossenzwischenräume). Durch unregelmäßige und unterschiedlich große Abstände zwischen den Sprossen variieren die rechteckigen Zwischenräume, woran besonders deutlich wird, dass diese Leitern nicht als solche zu nutzen sind. Sie stellen sich uns in den Weg, beherrschen den Raum und manifestieren sich als Malerei im Raum. Durch das Stecksystem sind diese Leitern in vielen möglichen Varianten denkbar und laden ein, sich immer neue Konstellationen vorzustellen. Ihre ursprüngliche Funktion tritt in den Hintergrund. Für einen Auf – oder Abstieg sind sie nicht gemacht. Dennoch werfen sie Fragen auf: Welche Hindernisse gilt es zu überwinden? Wohin strebe ich? Was hält mich auf?
Die Räuberleiter beruht auf dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe, besteht immer aus zwei Personen: einer Haltenden und einer Stehenden. Der gemeinschaftliche Akt macht die Beteiligten zu Verbündeten, die nur einander benötigen, nicht aber das Objekt Leiter.
Allgemein stehen Treppe, Leiter bzw. Stufen für eine Symbolik des Aufstiegs, im Besonderen der Himmelfahrt. Die Jakobsleiter oder Himmelsleiter erlaubt Engeln Auf- und Abstieg zwischen Erde und Himmel, wie Jakob laut der biblischen Erzählung während seiner Flucht in einem Traum visioniert.
Treppen symbolisieren den Übergang von einer Ebene zur anderen; den Aufstieg und den Zugang zum Transzendenten. Die Stufen verkörpern die steigenden Bewusstseinsebenen; Initiation. Der Aufstieg ist nur mit Mühe, Anstrengung, Demut und Gehorsam zu bewältigen. Die gegenläufige Richtung, das Hinabsteigen wird sprachlich als das sich hinabsenken in eine Meditation, einen Rückzug in sich selbst, in vertiefte Denkgebäude gebraucht/verstanden.
Die Aquarelle im Kabinett zeigen Kontrollräume. Solche Schaltzentralen sind Räume eingeschränkten Zutrittsrechtes, in denen technische Prozesse zusammenlaufen und gesteuert werden, z.B. eines Atomkraftwerkes. Unsere Vorstellung davon, wie es im Inneren eines solchen Raums aussieht, nährt sich zu großen Teilen aus Science Fiction oder James Bond Filmen. Umso erstaunlicher, dass fotografische Aufnahmen solcher Kontrollräume im Internet sehr leicht verfügbar sind: sowohl Leitstellen für Gebäude, Verkehr, Fertigungsanlagen, Stromnetze, etc..
Katharina Hohmann hat diese Bilder in Aquarelltechnik übertragen. Zu sehen sind abstrahierte Apparate, Bildschirme und Schalter, selten ein Mensch. Die für das Aquarellieren typischen Farbverläufe stehen als spielerisches Element dem technischen Sujet, dem Begriff „Kontrolle“ konträr entgegen.
Es sind die Eingeweihten, die wenigen Fachleute und Experten, die an solchen Stellen arbeiten und Zugang haben. Nur ein kleiner Kreis von Personen, der diese Bilder bzw. die Abläufe an den dargestellten Orten zu verstehen mag. Jeder erkennbare Schaltknopf, jede auf einem Bildschirm sichtbare Information erscheint bedeutungsvoll. Umso irritierender ist die Fülle an fotografischem Material davon.
Die Künstlerin Katharina Hohmann (geboren 1964 in Sorengo, Schweiz) kam als Zwanzigjährige nach Berlin. Sie studierte an der HdK bei Johannes Gecelli, Armando und Leiko Ikemura, bei der sie 1992 Meisterschülerin war. Sie lebt in Berlin und Genf, wo seit 2007 den Lehrstuhl für „Construction: art et espaces“ an der Haute Ecole d’Art et de Design (HEAD) inne hat.
Elke Giffeler, 2017